Lisa Fitz – „von Mäusen, Menschen und Lieblingsheld*innen“.

Lisa Fitz – „von Mäusen, Menschen und Lieblingsheld*innen“.

Lisa Fitz, Kabarettistin, Schauspielerin, Gitarristin und Sängerin, geboren in Zürich, aufgewachsen in der Nähe von München, entstammt der bayerischen Künstlerfamilie, manche sagen: -dynastie Fitz. Eine illustre Gesellschaft aus Schriftstellern, Schauspielern und Schauspielerinnen, Bühnenautoren, Opernsängerinnen und Theaterleiterinnen, Komponisten und Drehbuchautorinnen.

Sie studierte Musik, Ballett, Schauspiel und klassische Gitarre und genoss Gesangsunterricht, bevor sie nach vielen Auftritten ihre ersten Soloprogramme in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft präsentierte, als erste Frau in Deutschland mit eigenen Texten.

Dem breiten Publikum wurde sie durch Auftritte in Fernsehshows, TV-Filmen und Kabarett-Sendungen bekannt, nicht zuletzt in Dieter Hildebrandts Scheibenwischer. Zahlreiche Engagements folgten als Schauspielerin auf der Bühne und in Filmen. Sie wurde u.a. mit dem Deutschen Kleinkunstpreis, dem Sigi-Sommer-Taler und der Ludwig-Thoma-Medaille ausgezeichnet. Auf der Bühne steht Lisa seit dem 10. Lebensjahr.

In 40 Jahren Kabarett sahen ihre Shows über 2 Mio. begeisterte Zuschauer in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Lisa Fitz hat die Frauenbewegung in Deutschland nachhaltig beeinflusst und unterstützt. Eine ihrer Stärken war dabei seit jeher der Humor.

Ungleichheiten in der gesellschaftlich-sozialen Stellung von Mann und Frau deckt sie mit Witz und Ironie auf – bissig, jedoch ohne Verbissenheit oder Frustration.

Als Freigeist ist sie bekannt für ihre liberale Gesinnung, d.h. dafür, überparteiliche und überkonfessionelle Satire zu schreiben, trotzdem aber politisch Stellung zu beziehen.

Eine Besonderheit ihres Kabarett-Stils ist, tiefe Weisheiten mitunter in einer volksnahen Sprache zu verstecken, so dass sie von der Form her leicht verdaulich wirken, wenn auch der subversive Inhalt oft im Halse stecken bleibt und nicht so leicht zu schlucken ist.

 

Quellen: Wikipedia; Website Lisa Fitz, Pressedownload – Vita (www.lisa-fitz.de/pressedownload)

Frau Fitz,

Sie stehen schon lange auf den Kabarettbühnen der Nation – sind Sie immer noch hungrig? Ich nehme an, das Material geht einfach nicht aus?

Das ist richtig, das Material verfünffacht sich derzeit – mindestens. Aber „hungrig“ wäre auch das falsche Wort. Nach über 40 Jahren Kabarett bin ich sehr gesättigt und nicht mehr hungrig wie eine Berufsanfängerin – z. B. nach Bestätigung, Geld oder Erfolg. Aber da mein Beruf meine Berufung war und ist, macht mir das Kabarett und die Satire nach wie vor Spaß.

Was hat sich im Kabarett verändert in den 40 Jahren, die Sie auf der Bühne stehen?

Wie viele Seiten hab ich für die Antwort…? Nein, im Ernst: Politisches Bewusstsein im Kabarett ist sehr spärlich geworden und überall droht Falschauslegung oder Maulkorb. Man wird bei Kritik, die grade „nicht ins Narrativ passt“ gerne in Ecken gedrängt, in die man nicht will. Satire muss sich aber politisch vollkommen frei und unzensiert entfalten und äußern dürfen.

Ist unsere Welt überkomplex geworden – oder sind wir unteraufgeklärt geblieben?

Beides natürlich. Apropos unteraufgeklärt: Mir fehlen in unserer Leitmedienwelt kritische Magazine wie der SPIEGEL … ich meine, was der Spiegel früher mal war, nicht wie er ist.

„Bedauernswert ist die Frau, die nichts zu bereuen hat“, sagte einst Jeanne Moreau. Hatte sie recht?

Mit dem Satz kann ich wenig anfangen. Natürlich gab’s eine Menge undurchdachten Unsinn beruflicher, privater und sexueller Art, den ich mir hätte sparen können. Aber da Erfahrungen ja immer wichtige Lernprozesse sind, bereue ich tatsächlich nichts.

Erzählen Sie uns von Ihrem emotionalsten, berührendsten Auftritt? Meilensteine der Erinnerung.

Bei über 4500 Sologastspielen gab’s so viele berührende Meilensteine, da kann ich die Superlative nicht mehr ausmachen. Keine Ahnung. Vielleicht meinen ersten Auftritt im Münchner Tollwood Festival – ich meine den im großen Zelt vor über 3000 Zuschauern. Da ging mir die Düse – und danach war ich überglücklich und total geflasht.

Was sind Ihre Lieblingsheldinnen in der Geschichte?

Ach, Simone de Beauvoir war z. B. doch eine tolle Frau. Aber auch Queen Elizabeth II., britische Königin, Gott hab sie selig. Dieses Durchhaltevermögen in dem ganzen Wahnsinn, bewundernswert. Wussten Sie übrigens, dass sie auf Naturheilmittel schwor?

Was sind Ihre Lieblingshelden in der Fiktion?

Auf jeden Fall nicht die dummen US-Superhelden aus Hollywoodfilmen, die immer im Alleingang die USA oder gleich die ganze Welt retten. Auch nicht Spiderman oder Wonder Woman. Dann lieber Will Smith und Nicolas Cage – als was auch immer.

Mögen Sie Utopien?

Nein, nicht wirklich. Es kommt ja doch immer anders – schöner oder auch schrecklicher, aber nie so wie prophezeit.

Reform oder (friedliche!) Revolution?

Immer die Reform. Revolutionen sind vermutlich nötig und ich finde sie auch sehr spannend … aber nur, wenn ich weit genug weg bin, zeitlich und geographisch. Obwohl man sagen könnte, ich habe damals das Frauenkabarett revolutioniert … aber das war ja nicht wirklich gefährlich, sondern schön.

Sollten vermeintlich richtige politische Überzeugungen gegen die demokratische Mehrheit durchgesetzt werden?

Die demokratische Mehrheit gibt es in dem Sinne nicht so wirklich. Denn es ist – immer! – eine von Medien beeinflusste Mehrheit. Die große Masse denkt und handelt nicht wirklich eigenständig. Klingt vielleicht arrogant, ist aber so. Aber dennoch als Antwort auf ihre Frage: Nein. Volksentscheide wie in der Schweiz und zuweilen auch in Bayern fände ich gut.

Wenn Sie auf die Menschen, unsere Gesellschaft, die Welt blicken – Prinzip Hoffnung oder dunkle Vorahnung?

Man befürchtet das Schlimmste und hofft das Beste. Zurzeit sieht’s eher nicht so lustig aus. Aber als Optimistin will ich an eine gute Zukunft glauben.

Was ist die schlimmste Emotion für Sie?

Verzagtheit und Hoffnungslosigkeit.

Von welcher früheren, tiefen Überzeugung mussten Sie sich trennen?

Dass die Frauen eine bessere Welt gestalten, wenn sie mal am Ruder sind. Denkste. Sie haben nur eine größere Goschen.

Selbst wenn alles politisch ist – welches grundsätzliche Problem kann Politik nie lösen?

Das Problem der eigenen mangelnden Durchsetzungskraft.

Was ist unter Ihrem Bett?

Nix. Der Kasten ist dicht. Im Winter könnte es sein, dass sich bei extremer Kälte eine Feldmaus ins Haus verirrt …

Frau Fitz, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Die Fragen stellte Martin Tell.

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