Sabine Murza – „Badisch-Gelsenkirchener Music-Puppet-Comedy“

Sabine Murza – „Badisch-Gelsenkirchener Music-Puppet-Comedy“

Lange Zeit sang und spielte Sabine Murza in Musicals wie Hair, Evita, Linie 1, Der kleine Horrorladen, Jesus Christ Superstar, The Rocky Horror Show u. a. am Musiktheater Gelsenkirchen, Theater Hagen, Theater Baden-Baden, der Württembergischen Landesbühne Esslingen, den Gandersheimer Domfestspielen u. v. m.

Sie ist außerdem Sprecherin bei Arte und unterrichtet Gesang.

Zum Bauchreden und Bauchsingen kam sie durch ihre Liebe zu Puppen und plüschigem Getier. Immer wenn sie eine Puppe in die Hand nahm, fing diese plötzlich an zu reden. Durch ihre jahrelange Erfahrung als Sängerin in verschiedenen Genres, bringt sie ihre Puppen mit unterschiedlichen Stimmen auf eine einmalige Art und Weise zum Singen und Sprechen.

Auszeichnungen

Baden-Württembergischer Kleinkunstpreis 2024
Wilhelmshavener Knurrhahn 2024
Morenhovener Lupe 2024
Tuttlinger Krähe Sonderpreis 2022
Gewinnerin des Goldenen Osen 2019
1. Preis Euskirchener Kleinkunstpreis 2018
1. Preis Dattelner Kleinkunstpreis 2018
1. Preis Heiligenhafener Lachmöwe 2018

www.murzarella.de

Liebe Murzarella,

wir gratulieren ganz herzlich zu Deinen diesjährigen Auszeichnungen: die Morenhovener Lupe 2024, der Wilhelmshavener Knurrhahn 2024 – und natürlich ganz besonders zum Baden-Württembergischen Kleinkunstpreis 2024, just vor ein paar Tagen. Mehr als verdient, wie wir meinen!

Lass mich beginnen mit der Frage aller Fragen, die Dir bestimmt noch niemand gestellt hat: Welcher inneren Quelle entspringen Deine wundervollen Puppen Dudu, Frau Adelheid, Kalle und Leonie? Was inspiriert Dich?

Ich hatte schon immer einen Faible für Puppen. Ich konnte noch nie eine Puppe in die Hand nehmen, ohne das sie anfing zu sprechen. Wenn wir auf Tour sind, muss ich immer aufpassen, dass ich mich nicht mit den Puppen, die man an den Raststätten kaufen kann, verquatsche. Das Schlimme ist, die wollen immer mit!!! Mein Mann muss mich da immer wegziehen, sonst benötigen wir bald ein eigenes Haus für meine Kuscheltiere. Als Kind habe ich die Muppet Show und die Sesamstraße geliebt. Wenn mir als Kind ein Engel erschienen wäre, der gesagt hätte: „Vergiss Mathe, Physik und Chemie! Singe und rede weiter mit deinen Puppen, damit wirst du es weit bringen“, den Engel hätte ich für verrückt erklärt.

Früher die großen Musical-Auftritte, heute Music-Puppet-Comedy, eine absolut einzigartige, geniale Show. Fehlen Dir die Musical-Bühnen manchmal?

Die Musicalzeit war eine wichtige und vor allem prägende Zeit. Ich habe an den Theatern so viel gelernt von Regisseuren und KollegInnen. Davon profitiere ich noch heute. Ich habe u. a. auch Komödien gespielt, da habe ich gelernt, wie man Pointen setzt, was für mich heute in der Comedy natürlich unentbehrlich ist. Ich bin so dankbar, habe tolle Rollen gespielt. Aber es war auch anstrengend, immer um Rollen zu „betteln“, ständig zum Vorsingen gehen zu müssen und dann nicht der richtige Typ zu sein, zu klein, zu blond, zu jung, zu alt, zu dick, zu dünn … Es sprechen ja zig Frauen für eine Rolle vor. Irgendwann habe ich mir gesagt, ich weiß doch wer ich bin und was ich kann und habe mein eigenes Ding gemacht. Und das fing alles in Baden-Baden an. Ich war müde von den vielen Wohnortwechseln und fühlte mich nach einem Engagement für das Musical „Der kleine Horrorladen“ am Theater Baden-Baden hier angekommen. Und nachdem es sich ergab, dass ich freie Sprecherin für den SWR und Arte werden konnte, was mir bis heute immer noch sehr viel Spaß macht, entschied ich mich hier zu bleiben. Für viele war das nicht nachvollziehbar, zieht es doch viele Künstler nach Berlin oder Köln, aber ich wohne gerne in Baden-Baden, genieße die Natur und die schöne Architektur. Hier komme ich zur Ruhe und das brauchte ich damals dringend und brauche es auch heute noch. Ich habe dann meine eigene Band gegründet und habe sogar auch mit der Casino-Band beim Tanztee im Kurhaus gesungen. Durch einen Musiker, der auch bauchreden konnte, bin ich zum Bauchreden gekommen. Aber ich hätte nie gedacht, dass ich das mal beruflich mache, es hat mich einfach nur interessiert. Und als ich dann einige Jahre später in einem Nebensatz in einem Gespräch mit einem befreundeten Regisseur sagte, dass ich bauchreden kann, fragte er, warum ich da nicht mehr draus machen würde. Wir haben gemeinsam die Show entwickelt und so wurden die Puppen geboren. Aus Spaß habe ich mit ihnen gesungen und war mir gar nicht bewusst, dass ich damit ein Alleinstellungsmerkmal habe.

Wie vertragen sich die vier, Leonie, Kalle, Frau Adelheid und Dudu denn zuhause so miteinander? Hast Du überhaupt eine ruhige Minute mit der lustigen Gesellschaft?

Da ist ständig was los. Dauernd wird gestritten, welcher Film geguckt wird. Kanalratte Kalle guckt Actionfilme, Frau Adelheid guckt Rosamunde Pilcher, Kakadu Dudu kräht ständig bei Schlagersendungen mit und das Löwenmädchen Leonie will natürlich die Sesamstraße gucken.

„Bedauernswert ist die Frau, die nichts zu bereuen hat“, sagte einst Jeanne Moreau. Hatte sie recht? Und was meint Frau Adelheid dazu? … und Kalle?

Wir alle bereuen nichts. Und Frau Adelheid schon gar nicht. Kalle streichelt anerkennend jedes Bierchen, das er jemals getrunken hat, wenn er seinen Bauch streichelt. 😉 Und aus Fehlern und Krisen lernt man am meisten. Fehler muss man machen, sonst erfährt man nicht, wer man ist. Und wer eine Krise gemeistert hat, geht gestärkt daraus hervor.

Erzähle uns von Deinem emotionalsten, berührendsten Auftritt? Meilensteine der Erinnerung.

Jeder Auftritt ist irgendwie berührend. Es ist berührend, wenn sich die Zuschauer mitreißen lassen und natürlich bin ich immer berührt und sehr dankbar, wenn es „Standing Ovations“ gibt. Mich berührt immer wieder, dass ich es aus dem Nichts geschafft habe, auf die Bühne zu gehen. Ich habe damals mit 18 Jahren den Pförtner vom Musiktheater Gelsenkirchen angerufen und ihn gefragt, ob er eine Gesangslehrerin kenne. So kam ich zu meiner wunderbaren Gesangslehrerin, die auch bei Wagnerfestspielen in Bayreuth gesungen hat und deren Pop-, Rock-, Musical-Experiment ich war. Das Experiment ist geglückt und sie hat es auch geschafft, meine Stimme in der Klassik auszubilden. Ohne sie wäre ich heute nicht die, die ich bin. Und auch ohne den Pförtner am Musiktheater Gelsenkirchen nicht!

Was sind Deine Lieblingsheldinnen in der Geschichte?

Antoine de Saint-Exupéry, der Autor von „Der kleine Prinz“. Er hat eine der schönsten und tiefgründigsten Geschichten geschrieben und das Kind in sich nie verloren. Schade, dass er so früh sein Leben lassen musste und ausgerechnet bei dem, was er am liebsten tat, dem Fliegen.

Was sind Deine Lieblingshelden in der Fiktion?

Biene Maja 🙂

Magst Du Utopien – oder doch lieber Märchen?

Märchen, auch wenn sie heute in Verruf geraten sind, in ihnen steckt so viel Weisheit und Historie. Weihnachten ohne Märchenfilme ist für mich kein Weihnachten.

Deine Lieblingskünstler:innen?

Janis Joplin, ihre Stimme, ihre Hemmungslosigkeit hat mich geprägt, hat mich genau da abgeholt, wo ich mit 18 Jahren gerade stand. Einfach singen, einfach alles rausschreien. Ohne sie, würde es Kalle heute sicher nicht geben. Ich habe damals auf dem Flohmarkt eine Schallplatte von ihr entdeckt und einfach so gekauft, denn sie war ja schon lange vor meiner Geburt gestorben. Als ich die Platte auflegte war ich sofort elektrisiert.
In krassem Kontrast steht für mich Chris de Burgh. Seine tiefgründigen, liebevollen und teilweise mystisch angehauchten Texte berühren mich zutiefst. Und natürlich Metallica, Guns N’ Roses und AC/DC. Wo käme sonst Kalle her? Céline Dion und Whitney Houston sind natürlich auch mit dabei. Sich an ihnen zu orientieren, hat mir das Stimmvolumen gegeben. Mein vielfältiger Musikgeschmack spiegelt sich in meiner Show wider. Da ist für jeden was dabei.

Wie sieht Deine Zukunftsvision aus?

Bei Euch im Rantastic den ganz großen Saal zu füllen. 🙂 Und natürlich gesund zu bleiben. Ohne Gesundheit keine Zukunft.

Wenn Du auf die Menschen, unsere Gesellschaft, die Welt blickst – Prinzip Hoffnung oder dunkle Vorahnung?

Hoffnung! Wer keine Hoffnung hat, wird depressiv. Man sollte sich nicht zu sehr verrückt machen und gleichzeitig die Realität nicht aus den Augen verlieren und die Dinge tun, die zu tun sind, die wichtig sind, und da zu helfen wo man helfen kann. Wandel gab es schon immer in der Geschichte der Menschheit. Aber Frieden auf der Welt ist und bleibt das Wichtigste!

Was ist die schlimmste Emotion für Dich?

Trauer um einen geliebten Menschen.

Hast Du ein Lebensmotto, und dürfen wir es erfahren?

Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer. (Seneca)

Was magst Du?

Pizza!!

Was ist unter Deinem Bett?

Staub! 🙂 Vor allem, wenn wir von einer langen Tour nach Hause kommen.

Liebe Murzarella, wir danken Dir für dieses Gespräch.

 

Die Fragen stellte Martin Tell.

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